Neuorientierung ohne Selbstmitleid

Veröffentlicht am 23.10.2009 in Kreisverband
 

Weder ein engagierter Wahlkampf noch ein angesehener Abgeordneter bewahrten die SPD im Kreis Konstanz vor dem Absturz bei der Bundestagswahl. "Wie weiter, SPD" lautete daher das Motto der Kreisdelegiertenkonferenz, die in Rielasingen-Worblingen über Konsequenzen aus dem Wahlergebnis für die Arbeit der Partei im Bund, im Land und vor Ort diskutierte. Eine engagierte Diskussion zeigte, die SPD im Kreis Konstanz nimmt die Rolle als Oppositionspartei an und sucht nach neuen Wegen, die Partei für Mitglieder und Wähler attraktiv zu machen.

Voraussetzung dafür sei eine ehrliche Analyse über die Regierungszeit, die politische Taktik und die Situation innerhalb der Partei, sagte der SPD-Kreisvorsitzende Peter Friedrich. Er warnte davor, die Regierungsbeteiligung zu verdammen.

Woran lag das schlechte Abschneiden bei der Wahl? Nur die CSU war in Augen der Wähler noch unglaubwürdiger als die SPD, ergab eine Nachwahlbefragung. Dieses Ergebnis habe ihn genau so erschreckt, wie die ersten Hochrechnungen am Wahlabend, bekannte der Abgeordnete Friedrich offen. Zwei Drittel aller Befragten meinten, man wisse nicht wofür die SPD stehe. Schwer wog der Vorwurf des Wortbruchs, etwa bei der Mehrwertsteuer oder bei der gescheiterten Regierungsbildung in Hessen.

So blieb es letztlich wirkungslos, dass die SPD für die meisten ihrer politschen Forderungen hohe Zustimmungswerte in der Bevölkerung erzielen konnte. Denn wesentliche politische Erfolge der letzten vier Jahre wurden nicht der SPD zugeschrieben. "Die Zeche für die große Koalition haben wir alleine gezahlt."

So habe die SPD umfangreiche sozialrechtliche Verbesserungen durchgesetzt, ohne dass die Öffentlichkeit nennenswert davon Kenntnis genommen habe. Schwarz-gelb mache dagegen mit höheren Vermögensgrenzen bei Hartz IV eine "Show ohnegleichen", die nur einigen wenigen "reichen Armen" zu Gute komme. Bis weit in die Mittelschichten reiche dagegen ein Gefühl der Verunsicherung. Gerade in der Krise hätten zahlreiche Menschen Angst, mit einem drohenden Verlust des Arbeitsplatzes gleichzeitig um die Erträge des Arbeitslebens betrogen zu werden. Schwer traf der Vorwurf "500 Milliarden habt Ihr für die Banken und nichts für uns".

Belastet wurde der Bundestagswahlkampf durch ein stratisches Grundproblem, so Friedrich. Ohne reale Machtoption außer der großen Koalition fehlte vielen Menschen der Anreiz, SPD zu wählen, zumal ein zentrales Konflikthema im Wahlkampf fehlte.

Offen sprachen Friedrich und zahlreiche Delegierte politische Grundprobleme der SPD an: Die Partei sei "abgeschlossen", viele Bevölkerungsgruppen seien gar nicht vertreten. Eine Partei müsse aber in die Gesellschaft wirken und gesellschaftliche Probleme aufgreifen. Politik, die sich nur stellvertretend um Betroffene kümmert, habe keinen Erfolg.

Innerparteilich müsse die Willensbildung von Kopf auf die Füße gestellt werden. Zu oft sei in den vergangenen Jahren von oben entschieden und dann nachträglich um Zustimmung geworben worden. Eine Parteireform müsse Mitgliedern und Anhängern attraktive Mitwirkungs- und Gestaltungsmöglichkeiten geben. Mitgliederentscheide, wie bei der Neuwahl des Landesvorsitzenden der SPD sei ein erfolgversprechender Weg.

Die SPD strebe die Führerschaft in der Opposition an, so Friedrich. Dazu müsse die Partei ihr Verhältnis zu den Linken klären, forderten die Mitglieder. Dies dürfe jedoch nicht dazu führen, die politische und gesellschaftliche Mitte frei zu geben. Verfrühte Bündnisdiskussionen ohne inhaltliche Basis seien gefährlich. "Wir dürfen nicht in Wählerstimmen, wir müssen an Politik für Wähler denken", forderte Herwig Mayer aus Volkertshausen.

Fotos: Kropp / Becker

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